von Manfred Arnolds
Identität & Beziehungen
Du kannst nicht treu sein; nein, nein, das kannst du nicht (wer kennt den Schlager nicht)
wenn auch dein Mund mir wahre Liebe verspricht..." In
diesem Schlager drückt eine Frau die Erfahrung aus, die sie mit ihrem Mann
gemacht hat. Er ist voll guter Absicht; sie allein möchte er lieben. Das meint
er ernst. Tief in ihm ist die Absicht, bei der einen Frau zu bleiben,
seineGedanken und Gefühle auf sie auszurichten und sich von den Verlockungen
der Fremden fernzuhalten.
Die Stunde der Versuchung
Doch dann kommt wieder die Stunde der Versuchung. Seine Sinne nehmen
wahr, dass es auch andere reizvolle Wesen gibt. In ihm kommt etwas in Gang,
das eine Eigendynamik entwickelt. Er schaut immer wieder hin; seine
Phantasie malt sich aus, wie nett ein Flirt wäre; die erotische Ausstrahlung der
weiblichen Wesen trifft bei ihm auf Rezeptoren, die reagieren,
unabhängig davon, ob er sich einer Frau verbunden hat oder nicht.
Es kann genussvoll sein, der Dame seines Herzens, seiner Ehefrau, ein
paar weitere Frauen in der Phantasie hinzuzufügen. Jeder von euch ist mit
Attributen ausgestattet, die sie von anderen abhebt In der Gefühlswelt
des Mannes ergibt sich ein Blumenstrauß, dessen Existenz niemand anderes
wahrnimmt. Mancher Mann versucht sich dagegen zu wehren, weil er es als
Verfremdung ansieht. Ein anderer erfreut sich an dieser zugelassenen Vielfalt.
Wirklichkeit ist: das gedankliche Vorhandensein anderer Frauen
relativiert die eigene Frau, der man ein Ja auf Lebenszeit gegeben hat. Durch die
emotionale Einbeziehung der fremden Frau wird die eigene teilentwertet.
Sie ist nicht mehr die Königin des Herzens, sondern hat diesen Platz neben
anderen inne.
Sauber bleiben
Sicher gibt es viele nette Frauen auf der Welt. Mit manch einer könnte
man die Ehe führen. Doch hat man sich festgelegt und der einen versprochen,
dass sie die Einzige ist. Um diesem Versprechen ein besonderes Gewicht zu
verleihen, nehmen Christen Gott als Zeugen und schließen den ehelichen
Bund vor ihm. Das Bemühen, treu zu bleiben, bezieht auch den geistlichen
Aspekt mit ein. Der angefochtene Mann kann Hilfe bei Gott suchen, um den
Versuchungen zu widerstehen und die Ehe mit Gehalt zu füllen. Er will
nicht nur vor dem konkreten Fremdgehen bewahrt werden, sondern bis in seine
Gedanken hinein seiner Frau treu sein. Er benötigt eine Mauer um seine
Gedanken - einen Schutz für seine Gefühle. Sein tiefster Wunsch ist,
Gefühle für andere Frauen gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Wie kann es gelingen, "sauber" zu bleiben, wo doch die Umwelt
"verschmutzt" ist?! Wie kann man rein bleiben, wenn die Unreinheit als die
eigentliche Befreiung angepriesen wird? "Wir können nicht verhindern, dass Vögel
über unseren Kopf fliegen, aber sehr wohl, dass sie Nester darauf bauen", so
ähnlich formulierte es einmal Martin Luther. Womit wir uns beschäftigen, das wird uns beschäftigen.
Das bedeutet konkret:
Mich fernhalten von Reizen, die mich zu falschen Zielen bringen. Da
Bilder einen nachhaltigen Eindruck auf unser Denken und Fühlen bewirken,
benötigen wir ein "Frühwarnsystem" für alles, was uns wegführt von der Treue:
Nichtwahllos den Fernseher einschalten, sondern sich vorher informieren und
gezielt nur das schauen, was uns interessiert und gut tut.
Fernsehwerbung spricht oft die Erotik und den Sex an - also Vorsicht! "Ich will das
nicht!" - Diese Aussage kann uns dabei helfen, umzuschalten.
Wir dürfen "prüde" sein. Positiv formuliert heißt das: "Ich habe mich
für die Reinheit entschieden!"
Achtung Falle
Wer Abwechslung sucht, ist offen für fremde Reize. Oft stehen sie im
Widerspruch zur Partnerin. Man behebt Mängel nicht dadurch, dass man
sichdas Fehlende von außerhalb holt! Und das meint nicht nur, dass man
keine Geliebte hat und Bordells meidet. Auch sexuell stimulierende Videos und
Bilder können die Ehe verfremden, denn die eigene Frau schneidet fast
immer schlechter ab. In Gedanken wird die Traumfrau zur Herzensfrau. Als
imaginäre Partnerin steht sie zwischen den Ehepartnern und trennt sie.
Manche Wünsche an die eigene Frau sind von außen aufgenommen, also
fremdbestimmt. Durch entsprechende Suggestion werden sie zu einem
vermeintlichen Bedürfnis. Man meint ein Recht auf die Stillung dieses
Bedürfnisses zu haben.
Die Ehe nicht an Defiziten fest machen
Ehe heißt auch Arbeit,(wie wahr.) Wer sich nur gehen lässt, darf sich
nicht wundern, wenn es langweilig dabei wird. Vieles latent Vorhandene kann
durch zärtliche Zuwendung geweckt werden. Zeit zum Zuhören, ein offenes Ohr
für die manchmal verschlungene Gefühlswelt der Frau, feinfühlige
Komplimente, Eingehen auf Bitten, liebevoller Umgang lassen die eigene Frau zu einer
zärtlichen Partnerin und die Ehe (wieder) lebendig werden.
Zuwendung und Geduld sind zwei Attribute, die zur Treue gehören. Denn
es gibt schwierige Zeiten im Leben jedes Menschen. Persönlichkeitskrisen
ziehen häufig auch Ehekrisen nach sich. Man sollte sich nicht davor scheuen,
seelsorgerliche oder therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn
man Schwierigkeiten hat. Je länger ein Paar sich kennt, umso mehr kennt
jeder die Schwachstellen des anderen. Man kann Reaktionen voraussehen, weiß,
welche Antworten man bekommt - und was einen ärgert.
Häufig übersieht man dabei die guten Eigenschaften des Partners, weil
man das Selbstverständliche nicht mehr wahrnimmt. Man leidet unter
unerfüllten Wünschen, auf die die Partnerin nicht eingehen kann oder will. Mancher
Traum wird in der Ehe unerfüllt bleiben, weil nicht alles realisierbar ist.
Unser Ehepartner ist nicht vollkommen - wir selbst auch nicht! Doch sollten
wir uns bewusst auf die Vorzüge unserer Partnerin konzentrieren, statt uns
auf das Fehlende zu fixieren.
Wir sollten unserer Ehe immer wieder das Gute abgewinnen und der
Partnerin dafür den Dank ausdrücken. Leider sind Zuverlässigkeit,
Freundschaftlichkeit, Atmosphäre schaffen, Essen zubereiten,
Sparsamkeit und für den anderen sorgen häufig keine Kriterien mehr, wenn es um die
Partnerwahl geht. Dabei sind gerade diese Tugenden entscheidend, wenn
man in Notlagen gerät wie Arbeitslosigkeit, Krankheit und andere
Verlusterfahrungen. Es mag uns so ziemlich alles verloren gehen; doch
wenn die Frau an unserer Seite zu uns steht, ihre Liebe ausdrückt und uns
stärkt, gehen wir nicht unter.
Treue und Liebe haben zunächst nicht viel mit überschäumenden Gefühlen
zu tun. Vielmehr basieren sie auf Entscheidungen, die man für eine Person
und die Beziehung zu ihr getroffen hat. Das Ziel sollte sein, dass wir uns
völlig einbringen, damit sich dieser Mensch bei uns wohl fühlt. Unsere
Frau wollen wir als eine Gabe Gottes sehen.
Treue und Liebe gehören in den Alltag. Der liebevolle Umgang
miteinander müsste selbstverständlich sein. Wenn es unserem Ehepartner gut geht,
geht es meistens auch uns selbst gut. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst,
sagt der Apostel Paulus (Epheser 5,28). Natürlich haben auch wir Männer
gewisse Bedürfnisse. Manche bringen wir aus dem Elternhaus mit, andere beziehen
wir von Freunden, Büchern, Filmen etc. Diese Bedürfnisse müssen wir prüfen
und mit unserer Partnerin abstimmen: Nimmt meine Frau Schaden, wenn ich
meine Bedürfnisse verfolge? Kann sie das geben, was ich suche, ohne dass ich
sie dabei unter Druck setze? Verfremde ich unsere Beziehung bzw. unser
sexuelles Zusammensein, wenn ich Verhaltensweisen erwarte, mit denen sie sich
nicht anfreunden kann? Missbrauche ich meine Frau, nur um etwas auszuleben,
was mich gedanklich aufreizt? Gegen eine "moderne" Gestaltung der körperlichen Begegnung ist nichts
einzuwenden. Doch soll sie von beiden als Genuss empfunden werden.
Jeder soll sich dabei als Beschenkter vorkommen und sich wohl fühlen.
Reif werden
Die Begierden der Jugend, die zu fliehen Paulus auffordert (2 Timotheus
2,22), sind längst die Versuchungen der Erwachsenen und Verheirateten
geworden. Mit dem Verheiratetsein ist man heute nicht unbedingt
abgeklärt und sexuell versorgt, wie man es früher so sah. Heute ist ein
reichhaltiges Angebot vorhanden, das sich in allen Altersstufen Zielgruppen sucht.
Der angefochtene, moderne Mann muss mehr als früher auf das Reifwerden
seiner Persönlichkeit achten und an sich arbeiten. Sein Ziel ist: "Ich
will lieben!" "Ich will treu sein!"
Im Umgang miteinander muss dieses Bemühen sichtbar sein. Der
christliche Mann hat nicht nur seiner Frau die Treue versprochen, sondern er hat
sich auch Gott gegenüber verpflichtet. Er wird die Versucher und
Verführer(innen) als solche erkennen und meiden. Sie sind schlechte Tröster, die eine
schnelle Erleichterung versprechen und mit denen man sich lang
anhaltende Probleme einhandelt. Gibt man ihnen nach, verliert man leicht den
Menschen, der einem in Freud und Leid zur Seite steht.