| Gottes Liebe und Erziehung oder: Unverstandene Liebe Gottes Von Pastor Wolfgang Wegert © -------------------------------------------------------------------------------- Predigttext: "Alle, die ich liebhabe, die überführe und züchtige ich. So sei nun eifrig und tue Buße!" (Offenbarung 3,19) "Ihr habt das Trostwort vergessen, das zu euch als Söhnen spricht: Mein Sohn, achte nicht gering die Züchtigung des Herrn und verzage nicht, wenn du von ihm gestraft wirst. Denn wen der Herr liebhat, den züchtigt er, und er schlägt einen jeden Sohn, den er aufnimmt." (Hebräer 12,5-6) Wir haben in der Predigtreihe über die Liebe Gottes einerseits von der allgemeinen Liebe Gottes zu allen Menschen gesprochen und andererseits auch von der besonderen Liebe zu Seinen Kindern, die sich in ihrer Errettung manifestiert. Unser Textwort in Offenbarung 3,19 spricht nun von der Liebe Gottes, die Er pädagogisch an den Glaubenden offenbart, in Seiner Erziehung. In Hebräer 12,6 heißt es ähnlich: "Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er, und schlägt einen jeden Sohn, den er aufnimmt." In Gottes Erziehung wird nicht immer Seine Liebe als Ursache gesehen. Aber von unserem Text her müssen wir festhalten: Wenn Gott Seine Kinder erzieht, ist das nicht autoritäre Unterdrückung, Willkür oder gar Terror und Mißhandlung. Nein, es geschieht vielmehr aus tiefer Liebe zu uns. I. Die erziehende Liebe Gottes kümmert sich um die Glaubenden. Es heißt: "Alle, die ich liebhabe, die überführe ich." Hier ist nicht von der allgemeinen Liebe Gottes zu allen Menschen die Rede, sondern von der besonderen Liebe zu den Seinen. Um es noch einmal kurz zu illustrieren: Ein natürlicher Vater hat selbstverständlich alle Kinder der Welt gern. Und doch hat er zu den eigenen Kindern eine besondere Beziehung, eine besondere Liebe. Das ist ganz natürlich. Und das zeigt uns die Bibel auch in bezug auf Gott. Deshalb steht hier dieser Ausdruck: "Alle, die ich liebhabe." Der Text sagt nicht: "Ich züchtige alle Menschen, ich erziehe sie alle", sondern: "ich erziehe alle, die ich liebe." Die Kinder Gottes, die Glaubenden und die es noch werden sollen, die überführt der Herr von ihrem Ungehorsam und von ihren Irrwegen. Das heißt: Gott fängt nicht sogleich mit der Strafe an, sondern Er nimmt sich Zeit und will Seine Kinder aufklären. Das Wort "überführen" kann man auch mit "überzeugen" wiedergeben. "Alle, die ich liebhabe, die überzeuge ich, denen erkläre ich, wo ihre Sünde, wo ihr Ungehorsam ist." Gott bespricht mit Seinen Kindern in Ruhe ihr Leben. Er spricht über ihr Versagen mit ihnen. Er liebt sie. Sie liegen Ihm am Herzen. Er möchte sie fördern, schulen und voranbringen. Nur verantwortungslose und lieblose Eltern nehmen sich keine Zeit, ihren Kindern eine gute Erziehung angedeihen zu lassen. Sie entschuldigen sich, indem sie sagen: "Unsere Kinder sollen liberal aufwachsen." Sie sprechen sich für eine antiautoritäre Erziehung aus und möchten gerne, daß die Kinder sich frei entfalten. Was dann dabei herauskommt, sehen wir immer wieder auch in unserer Gesellschaft. Statt selbstbestimmte junge Menschen zu werden, verwahrlosen Kinder oft, wenn man sie immer nur machen läßt, wozu sie Lust haben. Am Ende gibt das ein Debakel. Sie werden fernseh- und videosüchtig, bleiben in der Internet-, Handy- und Spiele-Falle hängen, stürzen sich früh in Schulden, werden abhängig von Zigaretten, Alkohol und Drogen und werden somit auch häufig Opfer ihrer eigenen kriminellen Karriere. Das ist das Ergebnis hemmungsloser freier Entfaltung, das Ergebnis der Verantwortungslosigkeit von Eltern, die sich nicht um ihre Kinder kümmern, die ihre Kinder nicht überführen und mit ihnen reden und sich Zeit nehmen. Gott möchte, daß es mit Seinen Kindern zu einem guten Ende kommt. Sie sollen tüchtig werden. Sie sollen stark werden im Glauben, in der Liebe, in der Geduld, in der Selbstbeherrschung. Gott möchte, daß sie die Früchte des Heiligen Geistes in ihrem Leben erfahren und hervorbringen. Sie sollen für andere Menschen ein Segen sein und auch das eigene Leben meistern lernen. Deswegen erweist sich Gottes erzieherische Liebe zu Seinen Kindern darin, daß Er sie überführt. Er nimmt sie in Seine Schule, daß sie fähig werden für das Leben in dieser Zeit und auch in Ewigkeit. Gott beginnt also mit der Überzeugung. Er straft nicht, ohne aufzuklären. Er redet erst mit ihnen. Es gibt ein wunderbares Bibelwort in Hosea 2,16: "Darum siehe, ich will sie locken und sie in die Wüste führen und freundlich mit ihr reden." Bevor ich meine Kinder in irgendeiner Form bestrafte, wenn es notwendig war, habe ich die Angewohnheit gehabt, sie in ein anderes Zimmer zur Seite zu nehmen. Gott gab mir Gnade, daß ich das mit großer Ruhe tun konnte. Und dann habe ich mit ihnen erst einmal in Ruhe gesprochen. Manchmal wußten sie schon Bescheid. Und doch habe ich es ihnen erklärt. Ich wollte sie überführen, denn ich hatte sie lieb. Manchmal merkte ich, daß sie verstanden hatten, und die Strafe konnte entfallen. Manchmal mußte sie aber trotzdem noch gegeben werden. Ich habe das Empfinden: So geht auch Gott mit Seinen Kindern um. Viele strafen aus Erregung heraus und werden dabei nicht selten unbeherrscht. Dann dient die Strafe aber nicht dem Kind, sondern eigentlich den Erziehungsberechtigten. Sie laden in den Prügeln, die sie aus dem Affekt heraus geben, ihren Frust ab. Sie reagieren sich an den Kindern ab. So macht Gott das nicht! Nein, das Ziel von Erziehung und letztlich auch von Strafe ist das Kind. Das Kind soll gefördert werden, denn es ist doch geliebt vom Vater. Wie überführt und überzeugt der Herr die, die Er liebhat? Er redet durch den Heiligen Geist mit Seinen Kindern, durch das Wort der Bibel im besonderen. Welch eine Liebe ist es, daß Gott uns Seine Heiligen Schriften geschenkt hat. Durch sie überführt Er und leitet uns in die Wahrheit, daß wir unsere Verfehlungen erkennen und sehen, wo wir im Widerspruch zum Willen Gottes leben. Ich erinnere an die dramatische Geschichte von David (2. Samuel 11-12). Dieser Mann hatte königliche Vollmachten und war Regent über Israel. Wer hätte ihm etwas sagen können? So nahm er sich Batseba, eine fremde Frau, und schlief mit ihr. Als sie schwanger geworden war, ließ David ihren Mann Uria an der Front töten. In Davids Psalmen merken wir, daß er ganz schizophrene Gefühle dabei hatte. Er wollte es verschweigen, aber seine Gebeine verschmachteten (Psalm 32,3). Er wollte diese Schuld verdrängen, und doch war sie ihm irgendwie bewußt. Aber er war der König, er konnte doch alles tun. Heidnische Könige hätte Gott damit durchgelassen, Gottlose, ja – aber doch nicht David, den Er liebte, den Er sich nach Seinem Herzen gemacht hatte. Deshalb schickte Gott den Propheten Nathan – aus Liebe zu David. Nathan erzählte David eine Geschichte: "Da ist ein reicher und ein armer Mann. Der Reiche hatte ein Fest organisiert. Er hatte viele Schafe und Rinder, aber er wollte keines von seinen Tieren schlachten. Sein Nachbar war so arm, daß er nur ein kleines Lämmlein hatte. Und dieses Lämmlein war wie sein Kind, es wuchs bei ihm in der Hütte auf. Aber der König ließ das Lämmlein des armen Mannes entwenden und bereitete es als Mahl für seinen Gast." Da wird David sehr zornig, denn jetzt kommt sein Gerechtigkeitssinn zum Vorschein. – Ich habe diese Geschichte so gern, weil ich erkennen kann, wie Gott uns väterlich überführt und uns von unseren falschen Wegen zu überzeugen sucht. – Aber Nathan muß David sagen: "David, ich kann deine Erregung verstehen. Aber du selbst bist der Mann!" Da fiel es David wie Schuppen von den Augen. Heute bin ich dein Nathan. Heute spricht Gott durch mich schwachen Menschen in Verbindung mit dem Wort Gottes zu dir. Weil der Herr Jesus dich liebhat, darum gibt Er dir Aufklärung, Unterweisung, Überführung. Gott möchte dich davon überführen, daß es nicht in Ordnung ist, daß du mit einer Freundin in einem ungeordneten, zuchtlosen Verhältnis lebst. Manche merken das gar nicht. Sie denken, Gott sei tolerant und es müsse alles so gehen, wie es allgemein in der Welt geht. Ich will dir etwas sagen: Den Gottlosen mag noch manches gelingen. Sie werden bis zu einem gewissen Grad dabei glücklich sein. Aber du doch nicht. Du bist doch ein Kind Gottes. Dich hat doch der Herr Jesus lieb. Er ist an dir interessiert, Er kümmert sich. Und deswegen sendet Er dir einen Pastor. Deswegen sendet Er dir die Bibel, deswegen sendet Er dir den Heiligen Geist. Weil Er dich liebhat, überführt Er dich, daß es nicht in Ordnung ist, wie du dein Leben führst, wie du deine Steuer-Erklärung ausfüllst, wie du permanent Schwarzarbeit betreibst und an der Steuer vorbei deine Einnahmen einnimmst. Ja natürlich, ich weiß, es wird einfach gesagt: "Die anderen machen das doch auch. Weshalb soll ich dafür bluten, wenn ich ehrlich bin?" Hinweg mit diesen Entschuldigungen, die die Welt vorbringt! Es gibt Dinge in deinem Leben, die akzeptierst du einfach. Wenn du darüber nachdenkst, weißt du, daß es eigentlich nicht in Ordnung ist, wie du dich verhältst, was du tust, wie du lebst, wie du sprichst. Aber du duldest das. Du genehmigst dir das. Aber ich sage dir: Vergiß nicht, daß du einen Gott hast, der dich erzieht. Deswegen überführt Er. Es entstehen ergreifende Szenen, wenn die überführende Liebe Gottes Menschen berührt. Ich habe sie gesehen und gehört. Hier in unserem Hause, an anderen Orten, wo ich dienen durfte. Oft weinen die Menschen vor Gott, und sie tun Buße, sie ordnen ihr wildes Zusammenleben und stellen es unter Gottes Gebot und Segen. Sie hören auf mit ihrem Ungehorsam. Zurück zu David. Als Nathan gesagt hatte: "Du bist der Mann!" (2. Samuel 12,7), antwortete David: "Ich habe mich gegen den Herrn versündigt." Nathan erwiderte: "So hat auch der Herr deine Sünde weggenommen. Du sollst nicht sterben" (2. Samuel 12,13). Und doch strafte Gott den David: "Siehe, ich will aus deinem eigenen Hause Unglück über dich erwecken und will deine Frauen vor deinen Augen nehmen und sie deinem Nächsten geben, daß er am hellichten Tag bei deinen Frauen liegt. Denn du hast es heimlich getan, ich aber will diese Sache vor ganz Israel und am hellichten Tag tun" (2. Samuel 12,11-12). Aber David flehte zu Gott wegen des Kindes, das aus diesem Ehebruch hervorgegangen war. Er fastete und lag über Nacht auf der Erde. Da machten sich die Ältesten seines Hauses zu ihm auf. Sie hatten Sorge, weil er nicht mehr essen wollte. Er trauerte so sehr, er hatte so ein schweres Herz, es war eine solche Reue, solche Buße in seinem Leben. Und doch ließ Gott das Kind sterben. Wir fragen sofort: "Herr, warum?" Ich habe keine Antwort darauf. Gott weiß es. Aber David wurde ein Mann, der Gott diente, der zurechtgebracht wurde, der ein Segen für sein Volk wurde. II. Gott greift durch. Manchmal geht Gott also weiter. Er überzeugt nicht nur, sondern Er greift auch durch. Denn es heißt: "Alle, die ich liebhabe, die überführe und züchtige ich", das heißt: "die strafe ich". Und das scheint manchmal hart. Aber Gott tut auch das aus Liebe. Vielleicht als Warnung und Vorsorge für das eventuelle nächste Mal. Jesus Christus will Seine Kinder vor dem Verderben der Sünde beschützen. Deshalb ist in unserem Text aus der Offenbarung die Erziehung Gottes ausdrücklich mit dem Ruf zur Buße verknüpft: "Alle, die ich liebhabe, die überführe ich und die strafe ich. So sei nun eifrig und tue Buße." Schlage an deine Brust und komm nach Hause zum Vater. Der Züchtigungen sind genug. Ich weiß nicht, wie es in deinem Leben aussieht. Vielleicht fühlst du, daß regelrecht ein Fluch auf deinem Leben liegt, daß Unsegen da ist, daß du nicht zurechtkommst, daß dein Leben kaputt ist, daß du eine Enttäuschung nach der anderen hast. Du empfindest, daß Strafe über deinem Leben ist. Prüfe doch eben jetzt, ob nicht Gott Seine Hand schwer auf dein Leben gelegt hat – wie bei David. Er tut es nicht, um dich zu zerstören, sondern Er tut es, um dich zurechtzubringen, denn du bist Sein Kind. Das ist eine Herausforderung. Überprüfe dein Leben. Laß dich überführen, erkenne die Strafe Gottes und sei eifrig und tue Buße. III. Das Ziel der Züchtigungen Gottes ist die Überwindung der Sünde, ist Heiligkeit. Denn direkt vor unserem Predigttext aus Hebräer 12 heißt es: "Ihr habt noch nicht bis aufs Blut widerstanden im Kampf gegen die Sünde" (Vers 4). Gott möchte, daß wir durch die Kraft des Heiligen Geistes die Sünde überwinden und ein heiliges, Gott wohlgefälliges Leben führen. Das ist Gottes Absicht. Um das zu erreichen, erzieht Er Seine Kinder. Es gibt Züchtigungen aufgrund von Ungehorsam und Sünde, wie wir gerade eben am Beispiel von David gesehen haben. Das habe ich auch selbst erlebt und danke Gott dafür, daß Er in solchen Lebensphasen durchgegriffen und mir geholfen hat und mich nicht wie ein fremdes Kind hat weiterlaufen und meinen Lüsten nachgehen lassen. Ich danke Gott, daß Er mir auch oft mit hartem Eingreifen den Weg gezeigt hat, der recht vor Ihm ist und der mir geholfen hat. Ja, es gibt eine Strafe Gottes für Sünde, Ungehorsam und Ungerechtigkeit. Aber für Gotteskinder ist sie nicht zum ewigen Gericht, sondern zur Erziehung, zur Hilfe und zum ewigen Leben. Aber es gibt auch Erziehungen zur Vorbeugung, zum geistlichen Training. Wenn Gott uns züchtigt und erzieht, muß also nicht immer schwere Sünde vorliegen. Es kann sein, daß Menschen schweres Leid durchleben, obwohl sie eigentlich – wie auch Hiob – im allgemeinen ein untadeliges, gerechtes Leben leben. Denken wir an Paulus. Er schreibt in 2. Korinther 12,7: "Damit ich mich wegen der außerordentlichen Offenbarungen nicht überhebe, wurde mir ein Pfahl ins Fleisch gegeben, ein Engel Satans, daß er mich mit Fäusten schlage," – wozu? – "damit ich mich nicht überhebe." Es lag keine konkrete Sünde vor. Es heißt nicht: "Ich strafe dich, weil du dies und das getan hast." Er hatte gar nichts getan. Aber Gott kannte selbst den großen Apostel Paulus, in dessen Leibe immer noch das Gift der alten Sündhaftigkeit steckte. Er lebte auch noch in der Gegenwart seiner alten Natur und seines sündigen Fleisches. Das wußte Gott. Und Gott sah Gefahr in seinem Leben. Gott sieht auch in deinem Leben eine große Gefahr – zum Beispiel des Stolzes und der Überheblichkeit. Und damit du nicht kenterst, legt dir Gott Ballast in dein Lebensboot. Du fragst vielleicht: "Muß ich das tragen, Herr? Das ist unbequem. Müssen mich Fäuste von Satansengeln bedrängen? Muß ich einen Pfahl im Fleisch haben?" Dem Paulus antwortete der Herr: "Laß dir an meiner Gnade genügen." Gott erzog ihn, obwohl gar keine Sünde vorlag. Aber es war eine Vorbeugung. Gott wußte, daß potentiell auch in diesem Seinem Heiligen die Gefahr der Sünde, des Hochmuts und der Überheblichkeit lauerte. Wenn wir das erleben – Enttäuschungen von Menschen, körperliche Schwachheiten, Angriffe des Feindes, Verleumdungen und Ehrverletzungen –, müssen wir nicht unbedingt sagen: "Was habe ich getan, daß ich so gestraft werde?" Denn es kann gut sein, daß Gott bei dir gerade vorbeugend am Wirken ist. Manche erleiden teils über Jahre, teils ein Leben lang schwerste Bedrückung und Trübsale – und das nur aus dem Grund, weil Gott sie liebt und Er sie bewahren will. Er beschneidet ihre alten, sündhaften Triebe, bevor sie Schaden anrichten. Danke dem Herrn für Seine vorbeugende Zucht. Ein Sprichwort sagt: "Einen Baum soll man biegen, solange er jung ist." Und Gott biegt dich, züchtet dich, ja es ist eine Zucht Gottes notwendig, um etwas Edles aus dir hervorzubringen. "Es ist ein köstlich Ding, daß der Mensch das Joch in seiner Jugend trage" (nach Klagelieder 3,27). In Zeiten der Krise im späteren Leben wird er sonst scheitern. Wenn junge Menschen keine Pflichten haben, keine Lasten und Bürden, sondern nur wolkenloses Glück, wenn jede Belastung von ihnen fern gehalten wird, dann sind sie so verweichlicht, daß sie später von jedem Lüftchen umgeweht werden. Das erleben wir manchmal mit jungen und auch älteren Menschen, die dem Leben nicht gewachsen sind. Das ist aus dem ganz natürlichen, praktischen Lebensbereich abzusehen. Da, wo es in der Jugend keine Prüfung, keine Tests, keine Belastungsproben, keine Übungen, kein Training fürs Leben gegeben hat, scheitern die Menschen im späteren Leben häufig. Aber Gott will nicht, daß du scheiterst. Darum nimmt Er dich in Seine Schule, Er übt mit dir ein, wie es ist, wenn du Lasten tragen mußt. Ich freue mich, daß die Gemeinde Jesu zum großen Teil auch von Christen lebt, die belastbar sind, die Geduld, Treue und Opferbereitschaft gelernt haben, die in den Dingen der Charakterformung so stark und gesegnet geworden sind, daß eine Tragkraft da ist. Es ist etwas Großartiges, wenn es Menschen gibt, denen man Verantwortung übertragen kann, die Lasten tragen können, die Bürden bereit sind aufzunehmen, etwas durchzutragen, durchzustehen und am Ende siegreich daraus hervorzugehen. Wir freuen uns über Christen, die vom Heiligen Geist geprägt und stark geworden sind an ihrem Herzen, an ihrer Seele, an ihrem Geist und vorbildlich, einsatzfreudig und tatkräftig das Reich Gottes fördern und ein heiliges Leben führen. Woher kommt das? Frag mal diese Menschen, diese bewährten Christen, wie ihr früheres Leben ausgesehen hat, durch welche Feuer sie gegangen sind, durch welchen Ofen des Elends sie geläutert worden sind. Frag mal, welche Nöte sie in ihrem Leben hatten, welche Kämpfe, welche Belastungen, wieviel Tränen sie in ihrem Leben hatten, wieviel Enttäuschungen da waren. Und du wirst feststellen: Sie erzählen dir alle die Geschichte ihrer Prüfungen, ihrer Erziehungen, ihres Trainings, das der lebendige Gott mit ihnen gehabt hat. Deswegen erkennen wir die Liebe des himmlischen Vaters. "Alle, die ich liebhabe, die überführe ich und die züchtige ich." Halleluja! Sag doch auch: "Herr Jesus, ich preise Dich für alle meine Erziehungen an mir!" Danke dem Herrn für alle schweren Zeiten. "Sagt Gott Dank allezeit für alles" (Epheser 5,20). Denn auch sie sind ein Ausdruck der Liebe Gottes zu dir. Liebe Gemeinde, das ist ein Thema, das nicht ganz leicht mitzuteilen ist, weil wir in einer Zeit leben, in der es kaum ein höheres Ziel in der Gesellschaft gibt als ein Leben in Unversehrtheit. Es darf uns nicht mehr weh getan werden, ein Kind in der Schule darf am besten auch keine Arbeiten mehr schreiben müssen, das wäre ein zu großer Druck und so weiter. Wir wollen uns und unsere Kinder vor allem Übel bewahren. Wir wollen steril durchs Leben gehen. Aber ich sage euch: Wenn dann doch mal ein Virus kommt, haut es uns um. Deswegen ist es ganz gut, vorher ein bißchen geimpft zu werden. Gott impft uns für kommende Zeiten, damit wir bestehen können, wenn die schweren Stürme des Lebens kommen. Von Zucht und Erziehung will doch kein Mensch etwas wissen. Wir wollen es alle nur möglichst bequem haben. Gott will uns also trainieren. Ich möchte es noch einmal an einem ganz einfachen Beispiel verdeutlichen. Da ist ein Vater, der ein Kind hat. Und dieser Vater ist zugleich auch Trainer von Sportlern. Das Kind war ungezogen, und er sagt: "Kind, jetzt gibt es 14 Tage keine Eiscreme mehr." Zu dem Sportler sagt jetzt nicht der Vater, sondern der Trainer: "Du, paß mal auf, mit Eiscreme ist jetzt erst mal Schluß." Er sagt zu dem Kind das gleiche wie zu dem Sportler, aber mit einer völlig unterschiedlichen Motivation. Dem Kind sagt er: "Du warst ungezogen. Darum gibt es zur Strafe erst mal kein Eis." Und zu dem Sportler sagt er: "Iß zur Zeit keine Eiscreme, denn du hast einen Wettkampf vor dir und mußt dich so gesund wir möglich ernähren." Im Grunde sagt der Trainer: "Du mußt dich einschränken, Verzicht und Training ist angesagt." So kennt auch die Bibel diesen Gedanken der Erziehung zu mehr Erfolg, mehr geistlichem Erfolg, besser gesagt: zu mehr Fruchtbarkeit. Unser ganzes Leben ist eine Schule für die Ewigkeit. Jeder Augenblick ist von Gott gegeben, daß Er an dir arbeitet und dich fit macht für Gottes Olympiade, für den "Siegeskranz" (1. Korinther 9,25). Christen sind für die Ewigkeit berufen. Aber zuvor gibt es hier auf der Erde eine Schule Gottes. In ihr muß gelernt werden. Da gibt es Arbeiten und Prüfungen. Das ist nicht immer leicht. Ich habe kleine Kinder weinen sehen und auch große und erinnere mich selber an meine Tränen in der Schule. Und ich habe zu meiner Mutter gesagt: "Mama, muß ich dahin gehen?" Sie hatte mich zum Gymnasium geschickt, und da sollte ich Latein und Griechisch lernen. Ich fragte sie: "Mama, wozu brauche ich das?" Aber meine Mutter antwortete immer: "Junge, du mußt lernen." Ich dachte, sie liebt mich nicht. Und ich dachte auch: Warum quält mich der Lehrer so? Der mag mich nicht. Doch, doch. Das Schöne ist, wenn du Eltern und Lehrer hast, die dir dann helfen und vielleicht auch Nachhilfeunterricht geben. Das tut Jesus auch. So sind wir immer noch in Seiner Schule. Bei alledem laßt uns bedenken, was uns Paulus schreibt: "Dieser Zeit Leiden fallen nicht ins Gewicht gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll" (Römer 8,18). Ich erinnere mich an den Sportunterricht. Da war ich besser als in Griechisch und Latein. Es gab Schulsportfeste von allen Hamburger Schulen. Und ich sollte auch getrimmt werden, ich war einer von den Auserwählten. Meine Mitschüler spielten während dessen schon Fußball. Aber mir legte der Sportlehrer beim Hochsprung die Latte hoch – elegant konnte ich darüberspringen. Oh, dachte ich, jetzt kann ich auch Fußball spielen gehen. "Halt," sagt er – und legte die Latte ein Stück höher. Und das wiederholte sich einige Male. Schließlich bin ich gegen die Latte gesprungen. Aber selbst da durfte ich noch nicht nach Hause. Er wollte mich trainieren, fit machen für den Wettkampf. Wenn unser Vater im Himmel dies mit uns in ähnlicher Weise tut, verstehen wir Ihn manchmal nicht oder wollen Ihn nicht verstehen. Wir denken, Er wolle uns ärgern und quälen. Nein, Er will uns fit machen für den Siegeskranz. Wenn wir das verstehen, stellen wir fest, daß das nichts anderes ist als eine Investition der Liebe, die Gott in uns als Seine Kinder hineingibt. Er nimmt sich Zeit, Er investiert Seine Fürsorge, Seine Kompetenz in unser Leben. Er trainiert mit uns für den Himmel. Und am Ende dürfen wir hören: "Ei, du frommer und getreuer Knecht, du hast nicht viel geschafft, aber ich habe dir tüchtig geholfen. Gehe ein zu deines Herrn Freude" (in Anlehnung an Matthäus 25,23). IV. Darum verachte nicht die Erziehung Gottes. Ihr habt es gehört: "Mein Sohn, achte nicht gering die Züchtigung des Herrn" (Hebräer 12,5). Das heißt: Murre nicht gegen sie wie ein dummes Kind in der Schule, wie ich es von mir selber beschrieben habe. Wenn wir immer und immer wieder fragen: "Warum? Warum? Warum?", dann verachten wir die erziehende Liebe Gottes. Wir mißtrauen dem Herrn, wir verdächtigen Ihn, sogar Böses mit uns zu beabsichtigen. Ich gebe ja zu und die Bibel sagt es auch, daß die Liebe Gottes in Seiner Erziehung manchmal wirklich schwer zu verstehen ist. Ja, oft bleibt die Liebe Gottes eine unverstandene Liebe. Aber wir leben durch den Glauben. Und deswegen brauchen wir nicht zu zweifeln, daß Gottes Wege mit uns immer Wege der Liebe und der Zubereitung und Zurechtbringung sind. Halleluja. Deswegen: klage nicht. Wenn du die Erziehung Gottes nicht verachten willst, dann sage ich: Versöhne dich mit deinen Wegen, die Gott mir dir geht. Lebe nicht im Konflikt mit den Wegen Gottes, die du erfährst. Du reibst dich auf, du murrst, du verachtest die Erziehung Gottes. "Wir wissen aber, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Vorsatz berufen sind" (Römer 8,28). Du verachtest auch die Erziehungsmaßnahmen Gottes, wenn du glaubst, daß du sie nicht nötig hast, daß du schon vollkommen bist. Du denkst, du bist schon ein guter Christ und brauchst doch das alles nicht mehr. Nein, lieber Christ, verachte nicht! Verachte die Erziehung Gottes auch nicht dann, wenn du siehst, wie andere erzogen werden. Das ist eine schreckliche Neigung, die auch in uns manchmal vorhanden ist. Wir sehen, wie ein Mitbruder und eine Mitschwester gerade durch eine bittere Leidensschule geht. Und uns schmeckt Essen und Trinken. Wir sind gesund und brauchen nicht ins Krankenhaus. Wir sollten dann nicht verdächtigend fragen: "Was ist los mit dem anderen?" Verachte nicht die Züchtigungen Gottes, die Er aus Liebe auch zu den Brüdern und Schwestern hat. Sondern erkenne Gottes Handeln bei uns allen. Viel eher wirft es eine Frage auf, wenn du in deinem Leben ständig nur eitel Sonnenschein hast. In unserem Text heißt es ganz klar: "Denn wenn es Söhne sind und Töchter sind, dann werden sie erzogen. Aber wenn es Fremde sind, dann werden sie nicht erzogen" (nach Hebräer 12,8). Wo keine Erziehung ist, da ist wahrscheinlich auch keine Sohnschaft. Wenn es Menschen immer nur gut geht, gut geht und gut geht und keine Trübsal, keine Lasten, keine Bürden da sind, dann habe ich große Sorge. Bist du vielleicht gar kein Kind Gottes? Bist du vielleicht gar kein Sohn oder gar keine Tochter Gottes? Ist Gott gar nicht daran interessiert, dich zu bessern, dich zurechtzubringen, dich zu erziehen, dich zu schulen und zu trainieren? Denn wenn du ein Sohn oder eine Tochter wärst, dann würde doch das Handeln Gottes in deinem Leben zu sehen sein. Ich will in deinem Herzen nicht Zweifel aufbringen, ob du ein Gotteskind bist. Sondern ich möchte, daß du von Herzen glaubst, daß du es bist. Aber wenn wir anderen Christen gegenüber ständig Fragezeichen machen, dann mache lieber bei dir das Fragezeichen: Was ist los mit dir, daß du nicht erzogen wirst von Gott? Dreh den Spieß um, sieh den Balken in deinem Auge, bevor du den Splitter beim anderen herausziehst. V. Verzage nicht. Murre nicht, verachte nicht die Züchtigung Gottes, aber verzage auch nicht, wenn du von Gott gestraft wirst. Manchmal verlassen solche erschrockenen Gotteskinder ganz und gar die Gemeinden. Sie lassen die Flügel hängen und gehen nicht mehr zum Abendmahl, legen auch die Mitarbeit in der Gemeinde nieder, weil sie einfach müde geworden sind. Ich sage: Verzage nicht! Die Erziehungen Gottes, die du erlebst, beweisen doch gerade, daß du Kind Gottes bist. "Wenn ihr Züchtigung erduldet, so behandelt euch Gott ja als Söhne. Wenn ihr aber ohne Züchtigung seid, so seid ihr ja unecht und keine Söhne!" (Hebräer 12,7+8). Aber wenn Not und Ballast und Zurechtweisung und Schulung in deinem Leben ist, dann verzage nicht, sondern freue dich. "Sondern in dem Maß, wie ihr Anteil habt an den Leiden des Christus, freut euch, damit ihr euch auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit freuen könnt mit Frohlocken" (1. Petrus 4,13). Manche verzagen auch deshalb, weil ihre Prüfungen und Anfechtungen kein Ende nehmen. Über Jahre geht es, und es scheint nie enden zu wollen. Sie haben gebetet und gefleht, und es bewegt sich nichts. Aber es bleibt bestehen, was 1. Korinther 10,13 sagt: "Gott ist treu, der euch nicht versuchen läßt über eure Kraft, sondern macht, daß die Versuchung so ein Ende nimmt, daß ihr’s ertragen könnt." "Alle Züchtigung aber scheint uns für den Augenblick nicht zur Freude, sondern zur Traurigkeit zu dienen; danach aber gibt sie eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die durch sie geübt sind" (Hebräer 12,11). Und höre, was von Jesus gesagt ist: "Obwohl er Gottes Sohn war, hat er doch an dem, was er litt, Gehorsam gelernt" (Hebräer 5,8). Habt ihr das gehört? An dem, was Er litt, hat Er Gehorsam gelernt. Die Erziehungen Gottes haben nur ein Ziel: Wir sollen für den Himmel zubereitet werden. Dort will Jesus uns haben, vollkommen zubereitet. Welch eine Liebe vom Vater ist Seine Erziehung! Deshalb: Achte nicht gering die Züchtigung des Herrn. Sag "ja" zu ihnen, nimm sie aus Seiner Hand. Versöhne dich mit dem Handeln Gottes in deinem Leben. Und dann: Verzage auch nicht in der Züchtigung, denn sie ist am Ende ein Segen für dein Leben. Der Herr weiß, eure Anfechtung zu beenden. Er legt keine Last auf, die ihr nicht tragen könnt. Und Er gibt euch die Kraft. Wir erkennen heute: die Erziehungen Gottes im Leben Seiner Kinder sind ein Ausdruck Seiner herrlichen, ewigen Liebe. Amen. |