Bleiben oder gehen? Immer wieder wird man mit der Frage konfrontiert: «Soll ich noch in meiner Kirche bzw. Gemeinde bleiben oder nicht?» Diese Problematik vieler Christen entspringt einer zunehmenden ungeistlichen Entwicklung in ihren Gemeinschaften, die sie verstärkt in Gewissensnöte bringt. Nachstehende Ausführungen von Bernd Maulbetsch bieten eine nüchterne und aufschlussreiche Hilfe: Bleiben oder gehen? Bibeltreue Christen aus evangelikalen Gemeinden und bestehenden Freikirchen sind zunehmend besorgt um Ihre Gemeinde. Bewusst oder unbewusst sehen sie sich mit folgenden Entwicklungen konfrontiert (nicht alle Punkte müssen innerhalb einer Gemeinde vorkommen, für die nachfolgende Beurteilung reichen bereits ein oder zwei aus): • Verweltlichung der Gemeinde • Verlassen biblisch-reformatorischer Glaubensgrundsätze: Allein das Wort, allein Jesus Christus, allein durch Gnade, allein durch Glauben. • Beeinflussung bestehender Gemeinden durch neue Bewegungen bzw. durch gegenseitige neue Akzeptanz und Toleranz ausserhalb der Schrift • Bedürfnisorientierte Verkündigung anstelle bibelorientierte Verkündigung und in Folge bedürfnisorientiertes Gemeindeverständnis • Preisgabe bzw. Aufgabe der biblischen Wahrheit zwecks gemachter Einheit innerhalb der religiösen Christenheit (Ökumene und Allianz) Die Frage, die sich daraus ergibt, heisst: Bleiben oder gehen? Wann oder wie lange noch erdulden, ertragen oder Konsequenzen ziehen? Die beste Antwort ist die, welche Gott selbst in Seinem Wort gibt. Grundsätzlich steht jeder mit seiner Entscheidung vor Gott. Daher einige Kriterien, die uns Gottes Wort persönlich vor Augen stellt. Was ist Ihre Motivation? Gott sieht das Herz an. Göttliche Entscheidungen sind geistlicher, nicht seelischer Natur. Göttliche Entscheidungen sind Glaubensentscheidungen. Göttliche Entscheidungen geschehen in der Liebe zu Gott, in der Wahrheit zu Seinem Wort und in der Freiheit des Geistes. Es gibt tatsächlich eine Begebenheit und Situation in der Bibel, die Hinweise und Entscheidungshilfen für eine Antwort auf die Frage «Gehen oder bleiben?» gibt. Wir finden sie in Apostelgeschichte 19,8-10: «Er (Paulus) ging aber in die Synagoge und sprach freimütig drei Monate lang, indem er sich unterredete und sie von den Dingen des Reiches Gottes überzeugte. Als aber einige sich verhärteten und ungehorsam blieben und vor der Menge schlecht redeten von dem Weg, trennte er sich von ihnen und sonderte die Jünger ab und unterredete sich täglich in der Schule des Tyrannus. Dies aber geschah zwei Jahre lang, so dass alle, die in Asien wohnten, sowohl Juden als auch Griechen, das Wort des Herrn hörten.» Die drei Reaktionen der Leute in der Synagogengemeinschaft auf das verkündigte Wort durch Paulus sollen als Massstab für nachfolgende Überlegungen gelten: Ich bin überzeugt, dass die drei Reaktionen und Verhaltensstrukturen gegen das verkündigte Wort - sich verhärten, ungehorsam bzw. ungläubig bleiben und schlecht vom Weg, Jesus Christus, reden - sich ergänzen und sich daher auch gegenseitig bedingen. Je nach Situation wird das eine oder andere stärker im Vordergrund stehen. Jedenfalls geschieht die Ablehnung wissentlich - es war in erster Linie eine Ablehnung gegen das Wort Gottes und nicht gegen den Apostel Paulus. Dies muss nicht immer so sein. Es gibt auch Beispiele, wo persönliche Gründe vorgeschoben, konstruiert oder erfunden werden. Wichtig ist dabei, das Prinzip von Ursache und Wirkung zu erkennen. Die Trennung des Paulus und die Absonderung der Jünger war eine Reaktion bzw. eine Folge des Verhaltens der Leute in der Synagoge. Daher sah es der Apostel Paulus als seine Aufgabe und Pflicht, den Unwissenden oder Schwachen im Glauben als Vorbild mit dieser Entscheidung voranzugehen. Begleitet war die Entscheidung des Paulus mit seiner Grundhaltung, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen. Zu dieser Gesinnung des Apostels gehört ebenfalls, dass Gehorsam gegenüber Gott wichtiger und vorzüglicher ist, als sich einem falschen System zu opfern. Heute wird das Bleiben in falschen Systemen mit den unterschiedlichsten Argumenten gerechtfertigt, die auch für Paulus in Ephesus von Bedeutung hätten sein können. Zu den drei wichtigsten Argumenten zählen: • Es gibt dort Menschen, denen man das Evangelium nicht vorenthalten darf. • Man ist Aufgaben und Verpflichtungen eingegangen, die sonst kein anderer tun würde. • Die Menschen würden ein solches Verhalten nicht verstehen und man würde sie mit einer konsequenten Entscheidung verunsichern. Doch keines dieser Argumente hat in der Bibel eine berechtigte Grundlage. Über diese geistliche Inkonsequenz steht eher geschrieben: «Siehe, die Hand des Herrn ist nicht zu kurz, um zu retten ... sondern eure Vergehen sind es, die eine Scheidung gemacht haben zwischen euch und eurem Gott, und eure Sünden haben sein Angesicht vor euch verhüllt, dass er nicht hört» (Jes 59,1-2). Und in Matthäus 13,58 wird uns über die Leute in Nazareth berichtet, dass Jesus dort nicht viele Wunderwerke tun konnte wegen ihres Unglaubens. Darum finden wir in der Bibel zu allen Zeiten gerade das gegenteilige Prinzip: Die persönliche Entscheidung eines Einzelnen durch den Glauben, verbunden mit Gottes Wort und in der Praxis einer konsequenten Nachfolge öffnet die Schleusen Gottes für ungeahnte Segensströme. Gerade diese konsequenten Schritte, die nicht unbemerkt bleiben werden, sind eine Chance für die anderen, darüber nachzudenken, dass sie sich überführen und überzeugen lassen. Und wenn sie Gott ernst nehmen, dann wird Gott auch ihnen Gnade schenken, in die gleichen Fussstapfen treten zu dürfen. Wo dies geistlich und von Gott gewirkt ist, wird es auch denen gegenüber nie überheblich sein, die man zunächst zurücklässt, sondern diese Entscheidung wird schweren Herzens getroffen und hält uns in der Demut gegenüber denen, die das nicht so sehen können oder wollen. Die bekanntesten Personen in der Bibel, die diesem Prinzip gefolgt sind, waren unter anderen Abraham, Joseph, Nehemia, die Jünger Jesu und die Apostel. Wer die Zeit der Reformation und die Zeit der Erweckungen in Europa genauer betrachtet, wird ebenfalls dasselbe Prinzip feststellen. Doch nun wieder zurück zu Paulus und nach Ephesus: Auf den Glaubens gehorsam von einzelnen Menschen folgt das aussergewöhnliche Wirken Gottes, eine Segnung Gottes, die in der Verborgenheit des Herzens ihren Anfang nahm. Das Verborgene muss und wird offenbar werden. Gottes Wirken wird sichtbar in der Neugründung und Entstehung der Gemeinde Gottes. In Matthäus 16,18 kündigte der Herr Jesus an, dass Er selbst Seine Gemeinde bauen wolle. Denn Jesus Christus selbst sorgt für die Seinen. Er bereitet für sie eine neue Versammlungsstätte für die Zeit nach Seiner Auferstehung und Himmelfahrt bis zur Entrückung aller Glieder Seines Leibes und der endgültigen Vereinigung mit Ihm. Jesus Christus ist «gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit» (Hebr 13,8). So wie Er für die Seinen in Ephesus gesorgt hat, so sorgt Er bis heute für die, welche Ihn lieben, auf Seine Stimme hören und Ihm in Treue nachfolgen. Was wollte und könnte Jesus Christus in unserem Leben alles wirken - wenn wir Ihm und Seinem Wort aus Liebe gehorsam wären? Unser Text in Apostelgeschichte 19 enthält einige Grundgedanken, an denen wir sehen dürfen, wie Gott vorgeht, wenn Menschen zum lebendigen Glauben kommen und diese ein neues Zuhause brauchen. Gemeindebau ist im falschen System nicht möglich. Die Synagogengemeinschaft ist nicht die richtige Plattform für die Gemeinde Jesu. Denn wo der rettende Glaube nicht allein auf der Grundlage der Gnade in dem vollbrachten Heilsgeschehen am Kreuz von Golgatha verkündigt, gelebt und praktiziert wird, kann Gemeinde Gottes nicht richtig entstehen oder sich nicht richtig entwickeln. Die Gläubigen stehen in Gefahr, durch Heilszusätze (Beschneidung, Sakramente usw.) aus der Gnade zu fallen. Man folgt durch Worte und Taten einem anderen Evangelium (Gal 1,6-7; 5,4). Dies war damals in Ephesus die Synagogengemeinschaft, wo die Leute durch das Halten von Gesetzen und Werken vor Gott gerecht werden wollten. Dies setzte sich in erweiterter Form in den Kirchen fort und hat auch in der Zwischenzeit in Freikirchen Einzug gehalten. Wir benennen keine besonderen Institutionen oder Denominationen, weil es hier um grundlegende und richtungsweisende Maßstäbe geht. Wer sich allerdings Klarheit verschaffen möchte, sollte sich die Glaubensgrundsätze seiner Kirche oder seines Kreises einmal genauer anschauen. Manche Hinweise findet man bereits im Gesangbuch als Anhang wieder. So zum Beispiel die Aussage: «Wer ein anderes Taufverständnis lehrt und entsprechend eine andere Taufpraxis wie die Besprengung von Säuglingen praktiziert, sei verflucht.» Entspricht dies nicht der Reaktion, wie wir sie bereits in Ephesus kennen gelernt haben, als sich einige Zuhörer dort verhärteten, ungläubig blieben und den Weg bei anderen schlecht machten? Der bekannte und gesegnete Gottesmann Charles H. Spurgeon erklärte in seiner Kirchenaustrittserklärung unter anderem: «Es ist die eindeutige Pflicht eines ehrlichen Christen, den Kreis derer zu verlassen, die vorgeben, Christen zu sein, aber das Wort Gottes verletzen und die Grundlage des Evangeliums verwerfen. Sich mit dem Irrtum einzulassen, macht es dem besten Menschen unmöglich, gegen ihn vorzugehen.» Suchen wir nach Orientierungshilfen oder Rahmenbedingungenfür die Gemeinde heute, so stossen wir in der ersten Gemeinde in Jerusalem auf die so genannten vier Wurzeln. Sie zeigen die ersten Schritte zum Verständnis über die Gemeinde. Ferner wird deutlich, wie die praktische Umsetzung mit anderen Gläubigen in einer Gemeinde vor Ort geschehen soll. Wir lesen in Apostelgeschichte 2,42: «Sie verharrten aber (bzw. blieben beständig) 1. in der Lehre der Apostel und 2. in der Gemeinschaft, 3. im Brechen des Brotes und 4. in den Gebeten.» Hier werden uns zunächst die vier wichtigsten Teile genannt, aus denen die Gemeindezusammenkünfte bestehen sollen. Antworten auf Detailfragen werden in den weiteren Briefen des Neuen Testaments gegeben. Stellen Sie sich nur anhand dieser vier Merkmale ganz persönlich folgende Fragen: Welches Verständnis habe ich über die Zusammenkünfte der Gläubigen, und wie sieht demzufolge die Praxis mit den Glaubensgeschwistern vor Ort aus? Ist das, was sich in meinem Umfeld alles «Gemeinde» nennt, nach diesem biblischen Massstab eigentlich wirklich Gemeinde? Ist da, wo heute «Gemeinde» draufsteht, auch Gemeinde drin? Um das neue Leben im Sinne eines Gott wohlgefälligen Lebens als Christen führen zu können, bedarf es nun einmal auch gewisser Rahmenbedingungen. Diese sind von Gott klar und deutlich in dem eben zitierten Vers (Apg 2,42) genannt. Was hier in der ersten Gemeinde als die vier Prinzipien angesehen werden kann, deckt sich mit der Aussage und dem Anliegen Jesu Christi: «Ein jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, den will ich mit einem klugen Mann vergleichen, der sein Haus auf den Felsen baute» (Mt 7,24). Und: «Glückselig sind vielmehr die, die Gottes Wort hören und es bewahren!» (Lk 11,28). Dieses göttliche Prinzip betrifft alle, die nach Gottes wohlgefälligem Willen leben wollen. Hier entsteht kein Eliteklub, sondern eine Versammlung Gottes, in der Sünder, die durch die Gnade Gottes Bekehrung und Wiedergeburt erleben durften, eine neue Heimat finden werden. Absonderung ist nicht Selbstzweck, sondern Dienstzweck. In der Gemeinde Gottes gibt es kein Ansehen der Person und keine Christen erster oder zweiter Klasse. Absonderung statt Doppelmitgliedschaft Paulus musste wohl zunächst für sich und dann auch für die zwölf Männer diese bittere Wahrheit erkennen. Er hatte darüber Traurigkeit, wenn er an seine Brüder nach dem Fleische dachte (Rom 9,2). Doch auf die bittere Wahrheit folgt die befreiende Wahrheit: Absonderung ist kein privates Vergnügen, sondern ein heiliger Befehl: «Denn es steht geschrieben: Ihr sollt heilig sein! Denn ich bin heilig!» (l.Petr 1,16). Diese Worte finden wir bereits als Anweisung für das Volk Israel (3.Mo 19,2) und Petrus hat sie von dort übernommen, weil sie insbesondere auch für die Gläubigen des Neuen Bundes gelten. Da der Begriff «heilig» aber bereits mehrfach entstellt worden ist, wollen wir ihn gleichsam neu definieren: Das Lexikon zur Bibel erklärt dazu: «Heilig (hebr. khadosch, griech. ha-gios) bezeichnet etwas vom Gewöhnlichen Getrenntes oder Ausgeschiedenes; geweiht, unverletzlich; abgegrenzt vom Kreaturhaften bei deutlichem Wesensunterschied. Ferner bezeichnet es den Besitz einer das Irdische überragenden Macht, die aber durch bestimmte Verbindung mit dem Heiligkeitsträger auch von Menschen erlangt werden ... kann. Daraus ergibt sich eine Erweiterung des Wortsinns und die Gleichsetzung von Heiligkeit mit Reinheit und Makellosigkeit vor Gott im Gegensatz zur Sündhaftigkeit.» Heilig dem Herrn, heisst: abgesondert für Gott, Gott zur Verfügung stehen,yör Gott leben. Es bedeutet praktisch auch mit Gott sein. Der erste Mensch, der uns nach dem Sündenfall in der Bibel besonders auffällt, ist Henoch. Vom ihm heisst es kurz und knapp: «Henoch wandelte mit Gott...» (I.Mo 5,24). Wörtlich kann man auch übersetzen: «Henoch hielt Schritt mit Gott.» Er sah, was Gott sah. Henoch hörte, was Gott redete. Er folgte Gott, wohin Er ging. Henoch wich nicht von der Seite Gottes, bezog Position für Ihn und offenbarte damit die falschen Wege der anderen (Jud 14-16). In 1. Mose 5,24 heisst es weiter: «... und er war nicht mehr da, denn Gott nahm ihn hinweg.» Henoch war der erste von nur zwei Menschen (neben Elia) im Alten Testament, welche Gott auf diese Weise hinwegnahm. Dieses Hinwegnehmen bedeutet ein Herausnehmen aus dieser Welt und ein Hineingenommenwerden in die Welt Gottes. Dies geschieht durch Gott selbst in einer für uns Menschen nicht erklärbaren Weise. Henoch und später Elia wurden, ohne den physischen Tod erleben zu müssen, von der Erde hinweggenommen. Diese zwei Zeugen des Alten Testaments sind in prophetischer und wunderbarer Weise eine Vorauserfüllung für die Schar der Gläubigen des Neuen Bundes, die zum Zeitpunkt der Entrückung auf dieser Erde noch leben und ebenfalls den physischen Tod nicht erfahren werden: «Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen (den zuvor in Christus Entschlafenen, V 16) entrückt werden ... und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit» (l.Thess 4,17). Wenn dies augenblicklich geschehen würde - wären Sie bei dieser Schar dabei? Paulus hat in Ephesus keine Synagogengemeinde gegründet, sondern eine «Gemeinde der Heiligen» bzw. der «an Jesus Christus Gläubigen» (vgl. Eph 1,1). Es gibt keine Hinweise auf eine Zusammenarbeit zwischen den Vertretern der Synagoge und der Gemeinde. Im Gegenteil. Paulus spricht in Epheser 2,21 -22 vom geistlichen Tempel, den die Gemeinde nun darstellen soll. Demzufolge gab es auch keine übergeordneten Allianzen oder Gremien. Es gab entweder Stätten, wo sich religiöse Gruppen trafen oder es gab die Gemeinde, in der das Evangelium von der Gnade Gottes verkündet und gelebt wurde. Leider hat sich dann im 3. Jahrhundert n.Chr. die irreführende Bezeichnung «Kirchgemeinde» eingeschlichen und ist weit herum salonfähig geworden. Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine verwaltete Heilsordnung aus dem biblischen Evangelium; es handelt sich dabei um eine Vermischung von wahrem Evangelium, von wahrem Glauben an Jesus Christus mit unbiblischer Volksfrömmigkeit (Heilszusätze durch Sakramente in Verbindung mit Werksgerechtigkeit). Diese Heilszusätze werden zur Erlangung des Heils für notwendig erklärt. Wahre Christen sind dazu aufgerufen, jede Zweideutigkeit zu meiden sowie für Ordnung und Klarheit zu sorgen. Wir müssen entwirren statt zu verwirren. In der Christenheit gibt es unendlich viele Menschen, die zwar aus einem falschen System ausgetreten sind (die Gründe sind berechtigt und nachvollziehbar!), die aber nie in der Gemeinde Jesu angekommen sind. Die häufigsten Argumente sind: • tief sitzende Enttäuschungen und Verletzungen • aufgestauter Hass und aufgestaute Wut über das Unverständnis der anderen • um Veränderung gekämpft, gelitten, sich aufgerieben und doch verloren • keine oder falsche Erwartung an eine künftig funktionierende Gemeinde • endlich frei aus den Zwängen, nie mehr Bevormundung und Verpflichtung Man trifft solche Geschwister (wir sehen sie als Brüder und Schwestern im Herrn) aber gelegentlich zu besonderen Highlights oder Events in den Gemeinden oder bei Freizeiten. Auch nehmen sie gerne das Gastrecht bibeltreuer Gemeinden in Anspruch, obwohl es ein solches in der Bibel gar nicht gibt. Man trifft sie und begegnet ihnen auch auf Konferenzen oder zu interessanten Vorträgen. Doch eine verbindliche Zugehörigkeit kennen sie nicht und dadurch mangelt es ihnen stets am gelebten Glauben in einer lebendigen Ortsgemeinde. Und der Ortsgemeinde mangelt es an ihnen als Geschwister im Herrn, die von Ihm doch Gaben und Fähigkeiten erhalten haben. Diese Gaben liegen bei ihnen jedoch brach, weil sie durch ihr Verhalten blockiert oder behindert sind, zum Einsatz zu kommen. Welch eine Not ist das doch! Mögen wir doch wieder neu das heilige Anliegen in unserem Herzen entfachen, wie es der Apostel in 2. Korinther 5,15 nennt: Jesus Christus «ist deshalb für alle gestorben, damit die, welche leben, nicht mehr für sich selbst leben, sondern für den, der für sie gestorben und auferstanden ist.» Warum musste sich Paulus trennen und seine Jünger absondern? Lesen wir noch einmal den Text: «Er (Paulus) ging aber in die Synagoge und sprach freimütig drei Monate lang, indem er sich unterredete und sie von den Dingen des Reiches Gottes überzeugte. Als aber einige sich verhärteten und ungehorsam blieben und vor der Menge schlecht redeten von dem Weg, trennte ersieh von ihnen und sonderte die Jünger ab und unterredete sich täglich in der Schule des Tyrannus» (Apg 19,8-9). Die Trennung von Paulus und die Absonderung der Jünger war eine Reaktion bzw. eine Folge des Verhaltens der Leute in der Synagoge. Sie sonderten sich ab und blieben zusammen. Sie trafen sich an einem neuen Ort:«... und unterredete sich täglich in der Schule des Tyrannus.» Sie hörten gemeinsam auf Gottes Wort. Sie richteten das Zeugnis nach innen und auch nach aussen auf: «Dies aber geschah zwei Jahre lang, sodass alle, die in Asien wohnten, sowohl Juden als auch Griechen, das Wort des Herrn hörten» (V 10). Verbindliche Zugehörigkeit ist ein wesentlicher Baustein in der Gemeindegründungsarbeit und eine Grundvoraussetzung, damit Wachstum, Stabilität und Bestand der Ortsgemeinde gesichert sind und sich der Wille Gottes am Einzelnen auch erweisen kann. In seinem zweiten Brief an Timotheus wiederholt der Apostel Paulus das Anliegen der neuen Generation von Verantwortungsträgern:«... was du von mir in Gegenwart vieler Zeugen gehört hast, das vertraue treuen Menschen an, die tüchtig sein werden, auch andere zu lehren!» (2.Tim 2,2). Dasselbe Prinzip lebte Paulus in Ephesus und anderen Orten selbst vorbildhaft vor. Einige biblische Beispiele zur Ermutigung und Bestätigung, die den Glaubensgehorsam aus Liebe zu Gott und Seinem Wort zur Grundlage ihrer persönlichen Entscheidung hatten: Abraham: Glaubensgehorsam kontra familiäre Geborgenheit und Sicherheit; Auszug aus der Heimat / Familie. Hiob: Glaubensgehorsam kontra Unverständnis über Gottes Wege. Vertrauen trotz nicht nachvollziehbarer Wege Gottes. Rahab: Glaubensgehorsam kontra drohender Bestrafung wegen Verrats. Entscheidung für die richtige Seite. Ruth: Glaubensgehorsam kontra Vernunft. Treue zu dem unbekannten Gott und Seinem Volk. David: Glaubensgehorsam kontra Streit um sein Recht. Nachteile in Kauf nehmen, um Streit und Konflikte zu vermeiden. Jeremia: Glaubensgehorsam kontra Ansehen bei Menschen. Lieber in der Schlammgrube als dem König nach dem Mund reden. Daniel: Glaubensgehorsam kontra falsche Tischgemeinschaft. Lieber nur Gemüse, als Fleisch von Götzenopfern essen Petrus: Glaubensgehorsam kontra Berufserfahrung. Der grosse Fischzug bei Tage (Lk 5,5ff.). Stephanus: Glaubensgehorsam kontra Steinigung. Lieber wegen Jesus sterben als mit den Feinden des Kreuzes feiern. Philippus: Glaubensgehorsam kontra erfolgreiche Evangelisation. Lieber von Jesus in die Wüste geschickt, als Verehrung von Menschen haben. Es gibt keine perfekte Gemeinde, denn eine lokale Gemeinde besteht aus Menschen, die von der von Gott gegebenen Grundlage ausgehen (Golgatha) und die auf ein Ziel hin unterwegs sind, das Gott festgelegt hat (himmlische Heimat). Dazwischen liegt der Weg, der zurückzulegen ist (vgl. Eph 2,8-10). Dieser Weg besteht aus einer persönlichen Beziehung durch den Glauben an den Herrn Jesus Christus. Sie ist geprägt von gegenseitiger Liebe. Die Liebe Jesu zu mir ist vollkommen und rein. Die Liebe von Menschen zu Jesus Christus ist gekennzeichnet durch Glauben, Vertrauen, Gebet, Hingabe, Gehorsam, Nachfolge und Heiligung sowie der beständigen Bitte um Kraft und Befähigung, das gehörte Wort auch zu tun (Lk 8,21;Hebr4,2). Als Menschen sind wir aus uns selbst nicht in der Lage, dies zu tun. Daher gibt Gott mit der Wiedergeburt den Heiligen Geist. Erst durch den Heiligen Geist ist es uns möglich, zu erkennen und zu tun, was Gott erwartet und gefällt (Rom 12,1-2). Wohl wissend, dass es nirgends die perfekte Gemeinde gibt, veröffentlichte «Topic» einige Kriterien, die auf der Suche nach einer geistlichen Heimat Hilfe und Orientierung bieten können: Neue Gemeinde: Kriterien für die Suche nach einer geistlichen Heimat Jeder Christ braucht die Gemeinschaft mit Glaubensgeschwistern in irgendeiner Form, ob im kleinen Wohnzimmer oder in einer prächtigen Kathedrale. Doch wie sollte die ideale Gemeinde aussehen? Die ideale und immer gesunde Gemeinde gibt es gar nicht. Selbst im Neuen Testament ist diese nicht zu finden. Jede Gemeinde wird Mängel und Schwächen aufzeigen. Dennoch kann man auf der Suche nach einer Gemeinde auf einige Merkmale achten, die einem helfen, eine einigermassen gesunde Gemeinde zu finden. Der Pfarrer und Publizist Gerhard Naujokat hat einige Kriterien zusammengestellt, die Hilfe und Orientierung dazu bieten können: • Wird in der Gemeinde biblisch und kenntnisreich das Evangelium verkündigt? • Weist die Verkündigung auf die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen hin und enthält sie die Kreuzesbotschaft Jesu? • Beachtet die Gemeinde die ganze Botschaft der Bibel mit den Erfahrungen, Verheissungen, Geboten und Ermahnungen des Gottesvolkes im Alten und Neuen Testament? • Führt die Verkündigung des Wortes Gottes zu Jesus Christus hin oder zur absoluten und überschwänglichen oder erstarrten Gemeinde? • Beleben variierte Formen das Gemeindeleben und werden gleichzeitig extreme Grenzgebiete vermieden? • Bleibe ich ein eigenständiger glaubender Mensch oder muss ich so glauben, wie es die Gemeindeleitung vorgibt? • Darf ich im Vertrauen auf Jesus Christus leben oder reglementieren mich Gemeindeordnungen? • Gehöre ich in der Gemeinde Jesus Christus oder entsteht eine Menschenhörigkeit? • Ist die Gemeindestruktur sachlich, geistlich und nüchtern fundiert, ohne unterkühlt und steril zu wirken? Erhalte ich Wegweisung oder Korrektur für einen nächsten Glaubensschritt? • Werden mir Wärme, Verständnis und Geborgenheit entgegengebracht? Wird meine Hingabe und Bereitschaft zum Dienst entgegengenommen, ohne mich zu überfordern? • Wird mir vor Gott und mit den Geschwistern Glaubensstille gewährt und ein Handeln aus innerer Gewissheit oder treibt man mich in hektische Aktivitäten hinein? • Fühle ich mich in der Gemeinde persönlich frei, werde ich mit meinen Freuden, Ängsten, Nöten, Gaben und Fähigkeiten einbezogen? Darf ich hören, auch mitwirken, oder werde ich benutzt? • Wird der Gehorsam der Gemeindeglieder auf Gott gelenkt oder zu Gemeindezwecken und gemeindlicher Unterordnung missbraucht? • Ist das letzte Ziel des Glaubens und Lebens in der Gemeinde «Jesus allein», und erlebe ich unter der Verkündigung des Wortes Gottes die Gemeinschaft des Herrn und Seine Vergebung? Mitternachtsruf > Juli 2005 |